Die eigene Herkunftssprache in der Schule zu lernen, ist in Deutschland zunehmend Realität. Nordrhein-Westfalen ist hier führend. Im laufenden Schuljahr besuchen rund 98.000 Schülerinnen und Schüler den – staatlich organisierten – Unterricht in 23 Sprachen. „Es ist wichtig, dass Kinder ihre Muttersprache gut sprechen können. So erlernen sie auch jede weitere Sprache umso leichter“, ist sich Dr. Anemone Bippes sicher.
Genauso wichtig, so Dr. Anemone Bippes, sei der Religionsunterricht an den Schulen. So nahmen im laufenden Schuljahr 19.400 Schüler an 234 Schulen in Nordrhein-Westfalen am islamischen Religionsunterricht teil, heißt es aus dem Schulministerium. 211 Lehrer unterrichten.
„Ich meine, dass das der richtige Weg ist. Muttersprachlicher Unterricht und Islamunterricht gehören an die Schulen. Nur so brechen wir die Meinungsführerschaft oftmals fragwürdiger Hinterhof-Koranschulen. Wir brauchen dafür bundesweit mehr islamische Religionsgelehrte, die Deutsch sprechen und hierzulande ausgebildet worden sind. Nur wer die Sprache seiner Gläubigen spricht und ihre Lebenswirklichkeit kennt, kann die Menschen auch tatsächlich erreichen“, so Dr. Anemone Bippes.
Mehrere deutsche Bundesländer planen, das staatliche Angebot für herkunftssprachlichen Unterricht auszuweiten. Das Saarland hat zum zweiten Schulhalbjahr 2018/2019 herkunftssprachlichen Unterricht in Türkisch, Russisch, Italienisch und Arabisch eingeführt. Berlin hat seine Angebote für Türkisch und Arabisch ausgebaut, Schleswig-Holstein plant, Türkischunterricht einzuführen, wie aus einer am Montag veröffentlichten Umfrage des Mediendienstes Integration hervorgeht. Gründe dafür sind unter anderem, dass die Länder Alternativen zum Konsulatsunterricht anbieten und mehr Einfluss auf die Unterrichtsinhalte haben wollen. Die baden-württembergische Landesregierung will den islamischen Religionsunterricht im Land zum nächsten Schuljahr neu organisieren. Seit 2005 wird islamischer Religionsunterricht sunnitischer Prägung in Baden-Württemberg zwar im Rahmen eines Modellprojekts erteilt, doch dieses Projekt läuft in diesem Schuljahr aus. Deshalb gründet die Landesregierung eine neue Stiftung mit dem Land als Träger.
Der Konsulatsunterricht wird im Unterschied zum staatlichen Unterricht von Konsulaten oder Botschaften organisiert. Neben der Sprache werden auch Inhalte zu Land und Kultur vermittelt. Der Unterricht ist freiwillig und muss nicht von der deutschen Schulaufsicht genehmigt werden, weil es sich nicht um ein schulisches Angebot handelt. In Bayern und Baden-Württemberg findet derzeit nur Konsulatsunterricht statt. In Berlin, Niedersachsen, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Hessen und dem Saarland gibt es sowohl Konsulatsunterricht als auch staatlichen Sprachenunterricht.
„Ich meine, die Schulen sind dafür der richtige Ort. Hier haben extremistische Umtriebe keinen Platz. Hier lernen die Kinder, sich mit ihrer Religion auseinanderzusetzen. Aufklärung in jungen Jahren schützt zudem vor Radikalisierung und Rassismus. Auch geht es um das Zusammenleben mit den anderen Religionen und gegenseitige Toleranz.
Die gegenseitige Diffamierung und Ausgrenzung Andersgläubiger mit all ihren Auswüchsen dürfen in unseren Schulen keinen Platz haben. Integration kann so nicht gelingen“, ist sich Dr. Anemone Bippes sicher.
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