Dr. Anemone Bippes: Antisemitismus kommt wieder aus der Mitte der Gesellschaft

„Erschreckend“ empfindet Dr. Anemone Bippes, Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung Baden-Baden / Rastatt, den „neuen“ Antisemitismus in Deutschland. Laut einer Bertelsmann-Studie haben die Behörden in Deutschland 2018 im Vergleich zum Vorjahr zehn Prozent mehr antisemitische Straftaten registriert, bundesweit 1.646. Prof. Samuel Salzborn vom Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin stellte vor wenigen Tagen fest: „Es gibt so etwas wie ein dröhnend lautes Schweigen der Demokraten.“

„Antisemitismus scheint wieder alltäglich zu sein in Deutschland. Die Feindseligkeiten der Ausgrenzung und Diskriminierung sind allerdings die alten. Antisemitismus ist nicht der alleinige Zuständigkeitsbereich von Rechtsextremen. Er kommt aus der Mitte der Gesellschaft. Antisemitismus hat viele Formen. Und das seit Jahrhunderten. Keine Frage: Judenhass ist ein globales Problem. Weltweit werden Jüdinnen und Juden immer wieder attackiert und diskriminiert – von links, von rechts, aus der Mitte der Gesellschaften oder von anderen Minderheiten. Und das sowohl in der realen Welt als auch im Internet. In England, in Frankreich ist Antisemitismus ein zunehmendes Problem. Ich erwarte aber, dass Antisemitismus nirgendwo auf der Welt so entschieden bekämpft wird, wie in Deutschland. Eine andere Rolle, als die der Speerspitze im Kampf gegen Judenhass, kann ich mir für Deutschland nicht vorstellen. Das muss vor dem Hintergrund unserer Geschichte immer auch unser Anspruch sein. Doch dieses Engagement sehe ich nicht. Hierzu bedarf es Aufklärungsarbeit an Schulen und bei all denjenigen, die zu uns kommen, um in unserem Land zu leben. Antisemitische Straftaten müssen nicht nur entschieden verfolgt, sondern auch mit aller Härte bestraft werden. Ich möchte in einem Deutschland leben, in dem sich Juden nicht verstecken müssen, sondern sich als Juden zu erkennen geben können“, so die Historikerin Dr. Anemone Bippes.

Aus der Mitte der Gesellschaft heraus, so Dr. Anemone Bippes, müsse in Deutschland vorgelebt werden, das Antisemitismus keinen Platz in Deutschland habe. „In seiner Rede zur Eröffnung der Woche der Brüderlichkeit sprach Bundespräsident Frank Walter Steinmeier von einem „neuen Antisemitismus, den Zuwanderer aus israelfeindlich geprägten Ländern mitbringen“. Eine Wurzel der Judenfeindlichkeit ist laut Verfassungsschutz der verbreitete Antisemitismus in den Herkunftsländern vieler Flüchtlinge. Sie stammten oft aus Staaten, „in denen antisemitische Einstellungen seit Jahrzehnten so alltäglich sind, dass schon Kinder ganz selbstverständlich damit aufwachsen“. Ich meine, wenn Integration gelingen soll, dann dürfen alle demokratischen Kräfte in unserem Land keinen Zweifel daran lassen, dass Judenhass mit allen Konsequenzen keinen Platz in Deutschland hat“, so Dr. Anemone Bippes.

 

Foto: Privat